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Testbericht – Land Rover Defender 130 P400 – Einzigartiger 8-Sitzer

April 13, 2023

Gigantisch

Manche Autos sehen auf Fotos größer aus, als sie in Wirklichkeit sind. Wenn Sie schon einmal neben einem McLaren oder Lamborghini gestanden haben, werden Sie wissen, was wir meinen. Aber auch der umgekehrte Weg ist möglich. Der Defender 130 ist so groß, dass man fast eine Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv braucht, um ihn zu erfassen. Laut der digitalen Bedienungsanleitung, die Sie im Infotainment-System einsehen können, ist er 5,35 Meter lang. Darin sind die 30 zusätzlichen Zentimeter des Reserverads auf der Heckklappe nicht enthalten.

Glücklicherweise berücksichtigen die Parksensoren und die Rückfahrkamera das große Reserverad, so dass Sie beim Rückwärtseinparken nicht regelmäßig gegen Ihren hinteren Nachbarn stoßen werden. Als erfahrener Fahrer brauchen Sie sich nicht zu schämen, wenn Sie beim Einparken alle diese Hilfsmittel benötigen. Der Defender 130 ist einfach gigantisch in der Länge. Nur ein Rolls Royce Phantom EWB (Extended Wheelbase) ragt noch weiter aus einer Parklücke heraus. Hoch und breit ist auch der Brite: zwei Meter in beide Richtungen.

Aber warum ist er dort?

Warum führt Land Rover eine so extrem lange Version ein? Dazu müssen wir sowohl das Angebot als auch die Nachfrage betrachten. Bislang gab es den Defender in zwei Größen: den Defender 90 und den 110. Der 90 ist die ‚kleine‘ Version mit drei Türen. Der 110 hat einen deutlich längeren Radstand und verfügt über fünf Türen. Was scheint? Die letztgenannte Variante ist bei weitem die beliebteste. Nur 10 Prozent der Käufer entscheiden sich für den kurzen Defender 90, der Rest steigt in den großen 110 ein. Grund genug für Land Rover, eine noch größere Version zu bauen.

Gleicher Radstand

Der 130 ist nicht einfach ein Defender 110 mit verlängertem Radstand. Der Radstand bleibt mit 3,02 Metern unverändert. Stattdessen bauten die Briten die Nachhut erheblich aus. Der hintere Überhang beträgt stolze 1,49 Meter. Die Unterseite steigt nach den Hinterrädern steil an, so dass man beim Bergsteigen nicht direkt am Boden hängen bleibt.

Gut auf jedem Terrain

Sein stämmiger Kardashian-Hintern macht Platz für eine zusätzliche Sitzreihe. Das macht den 130 einzigartig, denn er kann bis zu acht Personen befördern. Das Gleiche gilt für eine Wanderung durch die Anden oder eine Fahrt fast einen Meter unter Wasser. Viele niederländische Kunden werden wohl kaum den 130er für ein Abenteuer in den Bergen nach Südamerika schicken oder sich für eine Schnorchel-Session im örtlichen Schwimmteich entscheiden, aber es ist schön zu wissen, dass man einen schlammigen Campingplatz immer verlassen kann.

Kilometerfresser

In den Niederlanden bleibt der Defender meist auf dem Asphalt. Und das ist gut so, denn dort ist er auch in seinem Element. Während der alte Defender nur für Schlammschlachten taugte und auf Asphalt dramatisch war, macht der neue Defender das ganz anders. Der sich in allen Bereichen auszeichnet. Wörtlich. Auf der Autobahn ist der Defender genauso komfortabel und richtungsstabil wie der neue Range Rover. Dank der adaptiven Luftfederung schwebt er über die Straße. Unebenheiten und Schlaglöcher fängt er mühelos ab. Übrigens auch Überführungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen, als ob es die nicht gäbe. Der Kontrast zum alten Defender könnte nicht größer sein.

Praktisch

Der Defender ist allerdings ein bisschen praktischer als der neue Range Rover. Der Innenraum ist schick und mit sehr edlen Materialien ausgestattet, aber das alles kann einiges aushalten. Es würde uns nicht wundern, wenn das auf der Mittelkonsole verarbeitete Holz von einem Defender persönlich aus einem Wald geschleppt wurde.

Die acht Sitze des 130 können alle einzeln abgesenkt werden. Die Möglichkeiten für den Transport von Personen und Gütern sind daher nahezu unbegrenzt. Klappen Sie die mittleren Sitze um, wenn Sie Skier und sechs Personen transportieren möchten. Wenn die gesamte hintere Sitzreihe flach ist, können Sie problemlos einen Hund (oder zwei) mitnehmen.

Matratze

Wenn man alle hinteren Sitzreihen umklappt, kann man buchstäblich eine Matratze transportieren und den Wagen in ein Wohnmobil verwandeln. Ebenfalls praktisch: Land Rover bietet für den 130 fünf Isofix-Kindersitzbefestigungen an. Eine auf dem Beifahrersitz und auf jedem äußeren Sitz der zweiten und dritten Sitzreihe. Wer keine Fünflinge hat, aber ein Auto mit viel Platz sucht: Der Defender 130 ist auch als Fünfsitzer erhältlich und verfügt bei umgeklappter zweiter Sitzreihe über ein stattliches Kofferraumvolumen von 2.516 Litern. Umzugsunternehmen aufgepasst: Ein graues Nummernschild ist in Arbeit.

Dritte Reihe

Die dritte Sitzreihe macht den 130 zu etwas ganz Besonderem. Für den Defender 110 gibt es auch eine zusätzliche Sitzreihe, in die aber nur zwei kleine Kinder passen. Im 130 ist man als erwachsener Mann auch ganz hinten gut aufgehoben. Es gibt sogar eine Sitzheizung, Becherhalter und ein hinteres Glasdach. So entsteht trotz des begrenzten Raums ein großzügiges Raumgefühl.

Was kostet ein Land Rover Defender 130

Für viele Autos muss man in den Niederlanden sehr viel bezahlen. Das ist beim Defender 130 nicht anders. Das liegt vor allem daran, dass er nicht als Plug-in-Hybrid erhältlich ist. Das ist bedauerlich, denn der Defender 110 – mit gleichem Radstand, aber kleinerem Hintern – hat als 400 PS starke Plug-in-Version P400e einen Einstiegspreis von ’nur‘ 84 Mio. Euro. Gutes Preisschild für so viel Auto. Für den Defender 130 P400 – also ohne Stecker und Akkupack – zahlt man das Doppelte: 163.000 Euro.

Der P400-Antriebsstrang mit 3,0-Liter-Sechszylinder stößt relativ viel CO2 aus, da er nicht wirklich elektrifiziert ist, sondern nur über eine Mild-Hybrid-Unterstützung verfügt. Die niederländische Regierung winkt dann mit dem Finger. Bei dieser Variante müssen Sie indirekt 60.000 Euro an die niederländischen Steuerbehörden überweisen. Eine Plug-in-Hybridversion des 130 wird es leider nicht geben. Ein Batteriepaket würde das Auto zu schwer machen – der 130 P400 wiegt bereits 2.600 kg – und außerdem gibt es keinen Platz dafür. Dann müsste die dritte Sitzreihe gekürzt werden.

Land Rover bietet außerdem zwei Dieselantriebe an: den D250 mit 200 PS und den D300 mit 300 PS. Für den Defender 130 D250 verlangt die Marke 152.913 Euro. Darin enthalten sind 60.000 Euro von BPM. Dieselfahrzeuge sind ja auch von der Regierung nicht mehr zugelassen. Kurzum, der Defender 130 ist in unserem Land steuerlich fehl am Platz. Ist er die beträchtliche Summe doch noch wert? Für alle, die ein sehr einzigartiges, extrem komfortables und extrem leistungsfähiges Auto suchen: unbedingt!