Hintergrund

Fahren mit Wasserstoff: Das Huhn und das Ei sind da, jetzt brauchen wir das Wachstum

Mai 11, 2023

Das „Henne-Ei-Problem“ ist ein immer wiederkehrender Diskussionspunkt, wenn es um das Wasserstofffahren geht. Das zeigte sich auch heute wieder bei der BMW i Vision Hydrogen Veranstaltung an der ersten Wasserstofftankstelle des Start-ups Fountain Fuel in Amersfoort. Dr. Jürgen Guldner, Leiter des Wasserstoffprogramms bei der BMW Group, und Stephan Bredewold, Mitbegründer von Fountain Fuel, sprechen beide. Letzten Endes läuft es darauf hinaus, dass Tankstellen gebaut werden müssen, bevor die Autos gebaut werden, aber diese Autos müssen bald in Betrieb gehen, damit die Tankstellen auf lange Sicht funktionieren. Es scheint jedoch Fortschritte zu geben, denn die Regierung hat 178 Millionen Euro zur Förderung der Wasserstoffmobilität bereitgestellt.

Die Wasserstoffstrategie von BMW

Zumindest für BMW wird Wasserstoff in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Auf der Veranstaltung zeigt die Marke eine klare Vision, in der der Verbrennungsmotor keinen Platz mehr hat. Die Deutschen sehen keinen Sinn in synthetischen Kraftstoffen oder E-Fuels. Batterieelektrische Autos und Autos mit Brennstoffzelle werden also in Zukunft das Angebot von BMW bestimmen.

Dr. Jürgen Guldner skizziert die Wasserstoff-Strategie von BMW

Doch wie wird die gegenseitige Verteilung der beiden Antriebe innerhalb von BMW aussehen? Die Marke sagt, dass wasserstoffbetriebene Autos, FCEVs, die Bedürfnisse von Verbrauchern erfüllen, die zum Beispiel keinen Zugang zu einer (schnellen) Ladeinfrastruktur haben, oft lange Strecken fahren oder regelmäßig einen schweren Anhänger oder Trailer ziehen müssen. BMW sieht daher Wasserstoff als geeignete Option für große Pkw, wie den X5. Damit spricht die Marke gezielt Kunden an, die derzeit einen fetten Diesel fahren und sich aufgrund ihres Nutzungsverhaltens kein batterieelektrisches Auto vorstellen können.

Letztendlich wird der Entwicklungsweg der wasserstoffbetriebenen Autos von BMW genauso aussehen wie der der Elektroautos. Derzeit befindet sich die Marke noch in der Pilotphase mit der Technologie, aber ab 2025 wird BMW mehrere wasserstoffbetriebene Modelle anbieten. Tatsächlich erwartet BMW, dass Wasserstoff kosteneffizient ist, wenn er an Orten produziert wird, an denen erneuerbare Energie im Überfluss vorhanden ist. Wirtschaftlich gesehen überwiegen dann die niedrigen Strompreise dort die Energieverluste bei der Wasserstofferzeugung und die Transportkosten.

Auf diese Weise dürfte das Tanken von Wasserstoff irgendwann billiger werden als das Tanken von Benzin oder Diesel. Derzeit ist dies noch nicht der Fall, da der Kilopreis von Wasserstoff zwischen 18 und 30 Euro schwankt. Für eine volle Wasserstofftankfüllung müssen Sie im Fall des iX5 Hydrogen zwischen 110 und 180 Euro aufwenden. Damit können Sie dann 500 Kilometer fahren. Mit anderen Worten: Es ist noch nicht sehr vorteilhaft.

BMW iX5 Hydrogen: Alternative zum fetten Diesel?

BMW macht mit seinen klaren Zielen in der Wasserstofftechnologie deutlich, dass es nicht auf ein Pferd setzen will. Neben den Vorteilen von Wasserstoff als Energieträger bietet der Bau von Autos mit einer Brennstoffzelle weitere Vorteile gegenüber batterieelektrischen Autos. Dies betrifft vor allem die viel geringere Menge an Seltenen Erden, die für die Herstellung eines Wasserstoffautos benötigt wird. Ein Wasserstoffauto wiegt auch weniger als ein batterieelektrisches Auto; im Vergleich zum BMW iX wiegt der iX5 Hydrogen gut 100 Kilogramm weniger.

Kollege Bart fuhr zuvor den BMW iX5 Hydrogen. Auch meine Wenigkeit konnte in Amersfoort einen kurzen Blick auf den Wasserstoff-SUV werfen und kann nur bestätigen, was Bart bereits sagte: Der iX5 Hydrogen fühlt sich bereits ‚fertig‘ an. Mit einer Maximalleistung von 401 PS und einem Drehmoment von 720 Nm hat man wirklich das Gefühl, einen X5 M50d zu fahren, allerdings ohne das Motorengeräusch. Das Ergebnis ist ein äußerst kultiviertes, leises und sanftes Fahrerlebnis. Bart gibt Ihnen eine weitere Führung:

Fountain Fuel: ehrgeizige Ziele

OK, das Auto ist da, aber wie sieht es mit der Betankungsinfrastruktur aus? Dr. Guldner richtet einen klaren Appell an die politischen Entscheidungsträger und die Tankstellenbetreiber: Bauen Sie die Tankstellen, damit wir mit dem Bau der Autos beginnen können. In Bezug auf die Infrastruktur für die Wasserstoffbetankung erwartet BMW, dass es bis 2030 in jeder größeren europäischen Stadt mindestens eine Wasserstofftankstelle geben wird und die maximale Entfernung zwischen zwei Tankstellen nicht mehr als 200 Kilometer beträgt. Insgesamt sind das mehr als 600 Tankstellen in ganz Europa.

Derzeit kann man in 37 Orten in den Niederlanden Wasserstoff tanken, aber wenn es nach dem Start-up Fountain Fuel geht, wird dies in zwei Jahren an viel mehr Orten möglich sein. Bis zum Jahr 2025 will das Unternehmen 11 Wasserstofftankstellen in den Niederlanden in Betrieb haben. In Amersfoort befindet sich ihre erste Tankstelle, die vor allem durch die riesige Holzkonstruktion auffällt, unter der sich die Tankstellen befinden. Die Tankstelle ist günstig in der Nähe des Autobahnkreuzes Hoevelaken gelegen. Übrigens gibt es auf dem Gelände auch Schnellladegeräte für Elektroautos, so dass beide Technologien bedient werden.

Stephan Bredewold, Gründer von Fountain Fuel, glaubt fest daran, dass sich das Wasserstoffauto in Zukunft durchsetzen wird. Er fordert BMW und andere Autohersteller auf, bald mit der Produktion von Autos zu beginnen, damit die Tankstelleninfrastruktur schneller entwickelt werden kann. Hier kommen wieder das Huhn und das Ei ins Spiel: Die Investitionen in die Betankungsinfrastruktur können sich nur amortisieren, wenn es auch genügend Autos gibt, die sie nutzen. Er ist auch der Meinung, dass Fountain Fuel aufgrund des Standorts und des Designs der Tankstellen langfristig eine Existenzberechtigung neben den großen Ölgesellschaften haben wird, die sich ebenfalls für Wasserstoff interessieren.

Wasserstoff am Steuer bald einfacher?

Nach dem Treffen zwischen BMW und Fountain Fuel ist eines klar: Das wasserstoffbetriebene Fahren kommt langsam aber sicher aus den Kinderschuhen heraus. Es gibt immer mehr Tankstellen, und neben Toyota und Hyundai hat auch BMW eine klare Vision für die Zukunft der Wasserstofftechnologie. Damit wird es für Unternehmer und politische Entscheidungsträger immer interessanter, sich mit Wasserstoff zu beschäftigen und für einen weiteren Ausbau der Infrastruktur zu sorgen. Das wird geschehen, denn die Regierung stellt 178 Millionen Euro zur Verfügung, um die Wasserstoffmobilität im weitesten Sinne zu fördern. Die Technologie ist da, jetzt geht es um das Wachstum.