Gesichtet: ein Renault 9 GTL
An einem kalten Wintermorgen in Amsterdam kommt für einen kurzen Moment doch noch Sommerurlaubsstimmung auf. In einem Parkhaus steht ein Renault 9. Ein Auto, das man eigentlich nur bei Reisen in warme, südliche Gefilde kennenlernt. Wir können uns nicht einmal daran erinnern, wann wir in den Niederlanden das letzte Mal einen solchen gesehen haben. Dafür müssen wir einen Fotostopp einlegen!
Das gefleckte Exemplar
Um genau zu sein, sehen wir hier einen Renault 9 GTL des Modelljahres 1987, das letzte Modell für Europa. Abgesehen von dem platten Hinterreifen sieht er noch sehr gut aus. Die Menge an Straßenschmutz und Unkraut um das Auto herum deutet darauf hin, dass es schon einige Zeit hier gestanden hat. Street View-Bilder bestätigen dies, wie auch Bilder vom vergangenen August zeigen. Dann sogar mit Luft in allen Reifen.
Auffällig ist auch das Kennzeichen, ein französisches Oldtimer-Kennzeichen der nachträglich ausgestellten Art. Das deutet doch darauf hin, dass das Auto einem Liebhaber gehört oder gehört hat. Warum der (vielleicht erst vor kurzem importierte) Franzose seit Monaten so in einer niederländischen Werkstatt steht, kann nur vermutet werden.
Über den Renault 9
Der Renault 9 bildet Zwillinge mit dem Renault 11. Es handelt sich eigentlich um ein einziges Auto, dessen viertürige Limousinenversion als Renault 9 und die drei- und fünftürige Schrägheckversion als Renault 11 bezeichnet wurde. Der Renault 9 kam Ende 1981 als erster auf den Markt. Noch rechtzeitig, um an der Wahl zum Auto des Jahres 1982 teilzunehmen… und sie zu gewinnen! Der Renault 11 wurde 1983 in das Programm aufgenommen.
Die R9 und R11 füllten die Lücke zwischen den Renaults 5 und 14, waren aber auch ein sofortiger Ersatz für letztere. Beide Fahrzeuge wurden von dem berühmten Robert Opron entworfen. Da das abgerundete Design des R14 bei der Öffentlichkeit nicht gut ankam, entschied er sich für ein sehr klares, traditionelles Design für den Renault 9 und 11.
Die Technik des Renault 9
Hinter dem traditionellen Erscheinungsbild verbirgt sich jedoch moderne Technologie. So verfügte der kompakte Renault bereits über einen modernen Vorderradantrieb und einen quer eingebauten Motor. In den frühen 1980er Jahren war dies noch nicht offensichtlich. Der Renault 9 war auch das erste Auto seiner Klasse, das über einen Bordcomputer mit Sprachansagen verfügte.
Die Motorenpalette bestand bei der Markteinführung aus relativ alten Motoren mit 1,1 und 1,4 Litern Hubraum. Im Jahr 1983 kam ein moderner 1,7-Liter-Motor hinzu, der in Zusammenarbeit mit Volvo entwickelt wurde. Während der Produktion bestand die gesamte Motorenpalette aus modernen Motoren mit Kraftstoffeinspritzung und etwas mehr Leistung. Apropos Leistung: Die Turbo-Versionen sorgen für Sportlichkeit.
Verschiedene Facelifts für Renault 9 und 11
Obwohl der R9 und der R11 eigentlich dasselbe Auto waren, wurden sie als separate Modelle angeboten. Die Facelifts für beide Modelle liefen auch nicht gleichzeitig. So erhielt der Renault 9 für das Modelljahr 1986 die Frontpartie, die der Renault 11 von Anfang an hatte. Einige Ausstattungsvarianten behielten jedoch die ursprüngliche Front. Der R9 und der R11 unterschieden sich auch im Design des Armaturenbretts. Das Facelift für das Modelljahr 1987 erhielt beide Modelle gleichzeitig.
Ein Nachfolger für Renault 9 und 11
Die europäische Produktion wurde 1989 eingestellt. Die Modelle wurden schließlich durch den ein Jahr zuvor eingeführten Renault 19 abgelöst, der wiederum als Limousine und Schrägheck angeboten wurde.
Karrieren außerhalb Europas
Der Renault 9 und 11 machten auch außerhalb Europas Karriere. Durch eine Partnerschaft mit AMC wurde der Wagen also auch in Nordamerika ausgeliefert. Mit einigen äußeren Änderungen, um den dortigen Stoßfänger- und Beleuchtungsvorschriften zu entsprechen, wurden der R9 und der R11 dort als Alliance bzw. Encore verkauft. Das Besondere war, dass der Alliance auch als zweitürige Limousine und sogar als Cabriolet erhältlich war, Karosserieformen, die außerhalb Amerikas nicht angeboten wurden.
Türkischer Renault 9 (und 11)
Der Renault 9/11 stand auch in Südamerika und einigen asiatischen Ländern auf den Preislisten. Das Auto wurde dort auch lokal produziert. Diese Versionen wichen kaum vom europäischen Modell ab. In der Türkei, die das Auto für die nordafrikanischen Märkte produzierte, war das anders. Ursprünglich folgte die türkische Produktion der europäischen, wobei der Hauptunterschied darin bestand, dass Facelifts später durchgeführt wurden.
Vor allem der Renault 9 war jedoch in Nordafrika so beliebt, dass die türkische Produktion bis zum Jahr 2000 fortgesetzt wurde. Davor wurde das Modell 1997 einem letzten, marktspezifischen Facelifting unterzogen. Das Facelifting des Renault 11 erfolgte jedoch bereits 1993, und die türkische Produktion der Schräghecklimousine wurde bereits 1995 eingestellt.