Autotests Hintergrund

Volkswagen Golf R (2025) Test – Mit 160 km/h über einen Eissee!

Februar 24, 2025

Testparadies für Autohersteller

Arvidsjaur ist ein Ort, an dem sich Ingenieure im Winter treffen, um die Grenzen ihrer Kreationen auszuloten. Es ist fast unwirklich, dass dieses abgelegene Dorf ein Testparadies für deutsche Autohersteller ist. Im Winter gibt es sogar einen zweimal wöchentlich verkehrenden Linienverkehr von München (wo die Mitarbeiter von BMW, Audi, Porsche und Mercedes-Benz einsteigen) über Hannover (dem Einstiegsort von Volkswagen) nach Arvidsjaur. Nur fünf Autominuten vom örtlichen Flughafen entfernt verfügt Volkswagen über einen eigenen zugefrorenen See, auf dem mehrere Rennstrecken und Testkurse mit Schneepflügen angelegt wurden.

333 PS und Torque Vectoring

Wir waren in Schweden, um mehrere 4Motion-Modelle von Volkswagen zu testen. 4Motion ist die Bezeichnung für den Allradantrieb von Volkswagen. Das auffälligste 4Motion-Modell ist der neue Golf R. Unter der Haube des neuen schnellen Golf steckt ein 2,0-Liter-TSI-Benzinmotor mit einer Leistung von 245 kW (333 PS) und einem Drehmoment von 420 Nm.

Mit dem optionalen Performance-Paket sprintet der Golf R in nur 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h. Wenn er auf Asphalt fährt, versteht sich. Es ist nicht nur die brachiale Kraft, die beeindruckt, sondern vor allem, wie die Kräfte auf den Boden übertragen werden.

Der Golf R verwendet Torque Vectoring, einen technischen Trick, der das Auto besonders agil macht. Das System verteilt das Drehmoment nicht nur zwischen den Vorder- und Hinterrädern, sondern auch zwischen dem linken und rechten Hinterrad. So kann in einer Kurve bis zu 100% des Drehmoments an das äußere Rad geleitet werden, was das Untersteuern reduziert. Das Ergebnis? Ein Auto, das sich extrem wendig und präzise anfühlt, sogar auf glattem Eis.

Fahren auf Eis

Auf Schwedens zugefrorenem Eissee bekommen wir die Gelegenheit, den Golf R auf die Probe zu stellen. Die Oberfläche ist im wahrsten Sinne des Wortes eisglatt, so dass die Haftung alles andere als gut ist. Die Reifen haben zwar kleine Spikes, aber das ESP ist komplett ausgeschaltet, so dass wir das Auto in seiner reinsten Form erleben können. Der Golf R muss alle Register ziehen, um seine Kraft auf die ‚Fahrbahn‘ zu bringen. Aber es gelingt ihm erstaunlich gut.

Dank Torque Vectoring und dem adaptiven Fahrwerk Dynamic Chassis Control (DCC) fühlt sich der Golf R sowohl stabil als auch agil an. Das System passt die Dämpfung je nach Untergrund und Fahrstil kontinuierlich an. Der Fahrstil auf Eis unterscheidet sich natürlich von dem auf der Straße. Bremsen nützt nichts und Lenken manchmal auch nicht. Im richtigen Moment auf das Gaspedal zu treten hingegen schon. Auf Eis geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Balance und Präzision. Sie müssen wissen, wo das Gewicht liegt, damit Sie rechtzeitig lenken und das Gaspedal dosieren können.

Nürburgring

Der Golf R verfügt über mehrere Fahrmodi – Eco, Comfort, Sport, Race, Drift und Special – die jeweils ein einzigartiges Fahrerlebnis bieten. Im Race-Modus dreht der Turbolader bei höheren Drehzahlen und stellt die Leistung sofort zur Verfügung, sobald Sie das Gaspedal durchtreten. Der Drift-Modus, der mit dem Performance-Paket erhältlich ist, ermöglicht kontrollierte Drifts. Wir lassen diesen Modus aus, da das Driften auf Eis bereits fast automatisch abläuft. Wir schalten den schnellen Golf in den Special-Modus. Dieser Fahrmodus ist eigentlich für den Nürburgring gedacht. Die adaptive Federung wird etwas weicher, denn auf dem Nürburgring gibt es eine Menge Bodenwellen und Schlaglöcher. Der zugefrorene See ist auch definitiv kein Billardteller, so dass dieser Fahrmodus hier das beste Fahrerlebnis bietet.

Die echte Sache

Nach einem Nachmittag kontrollierten Gleitens kommen wir fast auf die Idee, dass wir ein Talent für diese Art von Sport haben. Doch dann, nach dem Abendessen, fragt uns Volkswagen, ob wir mit einem Werksfahrer eine Runde im Dunkeln drehen möchten. Wir steigen bei Manuel ein, einem mexikanischen Fahrer, der schon so ziemlich jede Rennstrecke der Welt gesehen hat. Er fährt erst seit ein paar Jahren auf Eis. Es ist nicht seine Spezialität, sagt er uns. Unsere Erwartungen sind nicht sehr hoch.

Doch ehe wir uns versehen, fliegen wir mit 160 km/h über die Eispiste, auf der wir uns ein paar Stunden zuvor selbst nicht schneller als 80 km/h getraut haben. Jetzt merken wir wirklich, wozu der Golf R fähig ist. Als wir mit hoher Geschwindigkeit durch eine Kurve brettern, fragen wir Manuel, ob das Auto für den Rallyesport modifiziert wurde. „Nein“, lautet die Antwort. Ja, die Reifen haben etwas größere Stollen als ‚unser‘ Testwagen, den wir am Nachmittag gefahren sind, und vorne sind vier riesige Rallye-Strahler angebracht, die so hell leuchten, dass vier Dörfer weiter wahrscheinlich denken, sie sähen in der Ferne das Nordlicht. Aber sie sind es. Nach etwa zehn Minuten Fahrt steigen wir aus und verneigen uns tief vor Manuel und dem Golf R.

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Fazit  

Der neue Volkswagen Golf R ist mehr als nur eine leistungsstarke Schräghecklimousine. Er ist vielleicht der Höhepunkt von 50 Jahren Golf-Geschichte. Das ist auch nicht verwunderlich, denn neuer ist im Autoland fast immer besser. Aber die Frage ist, ob es jemals einen besseren geben wird, denn die Tage des Benzin-Golfs könnten gezählt sein. Wer 86.000 Euro für einen schnellen Hot Hatch ausgeben kann und will, sollte also nicht lange warten. Wenn dies die letzte Party des Golf R mit Benzinmotor ist, wird er zumindest als ein echter Hingucker in die Geschichte eingehen.

Siehe auch: Das allerletzte Mal? Golf R (2025) Rückblick – AutoRAI TV