Auto Nachrichten Hintergrund Interview

Im Gespräch mit den fünf einflussreichsten Personen der Toyota Motor Corporation

November 12, 2025

Hiroki Nakajima – Stellvertretender Vorstandsvorsitzender & Technischer Direktor bei Toyota Motor Corporation

„Unser Feind ist nicht der Antrieb, sondern der Kohlenstoff.“

Für Toyotas CTO Nakajima-san geht es vor allem um die Wahl. „Die Energiesituation ist von Region zu Region unterschiedlich“, erklärt er. „Deshalb wollen wir den Weg der Mehrfachnutzung nicht einschränken. In Tokio haben wir die neue Generation des Corolla vorgestellt, die für mehrere Antriebsstränge geeignet ist. Wir sind dabei, dieses Konzept auch auf andere Modelle auszuweiten. Auf diese Weise bleiben wir flexibel und wettbewerbsfähig.“

Was die Zukunft der Motoren angeht, ist er sich sicher: „Wenn möglich, werden wir bis zum bitteren Ende Motoren bauen. Das ist meine persönliche Vision.“ Gleichzeitig setzt Toyota stark auf die Entwicklung von Batterien. „Wir stellen unsere eigenen Batterien her. Das gibt uns Freiheit beim Design, zum Beispiel durch eine niedrigere Batteriehöhe und mehr Platz im Innenraum. Außerdem können andere Marken, die unsere Vision teilen, in Zukunft auch unsere Batterien kaufen.“

Hiroki Nakajima, Executive Vice President und Chief Technology Officer von Toyota
Hiroki Nakajima, Executive Vice President und Chief Technology Officer von Toyota

Takashi Uehara – Präsident des Unternehmens Powertrain

„Die Nachfrage nach Benzinmotoren bleibt bestehen.“

Uehara betont, dass Toyota den Benzinmotor nicht aufgeben wird. „Es gibt immer noch eine große Nachfrage nach Benzin- und Dieselmotoren, insbesondere in Regionen wie dem Nahen Osten, Australien und Afrika.“ Er nennt einen neuen 1,5-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit Hybridunterstützung als „den optimalen Motor für die Ära der Elektrifizierung“. Darüber hinaus arbeitet Toyota an einem 2,0-Liter-Turbomotor, der die künftigen Abgasnormen erfüllt und eine Leistung von 294 kW (400 PS) und mehr als 500 Nm erreicht.

Auch der Diesel-Hybrid bleibt wichtig. „Der Hilux und der Land Cruiser haben bereits Mild-Hybrid-Diesel“, sagt Uehara. „Wir entwickeln diese Technologie weiter, auch wenn die Emissionsanforderungen immer strenger werden. In bestimmten Teilen der Welt bleibt dieser Antriebsstrang sehr wichtig. Diese Motoren bieten ein hohes Drehmoment und sind in Märkten, in denen die Zugkraft wichtiger ist als die Reichweite, weiterhin unverzichtbar.“

Was einen Range Extender angeht, ist Toyota vorsichtig. „Wir untersuchen das Konzept, aber es gibt keine konkreten Pläne“, sagt Uehara. Nakajima fügt lachend hinzu: „Nur weil wir etwas erforschen, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch auf den Markt bringen werden. Für uns ist es nur eine Studie, mehr nicht.“

Keiji Kaita – Präsident Carbon Neutral Engineering Development Center

„Festkörperbatterien sind kein Traum mehr, sondern fast schon Realität.“

Eine der meistdiskutierten Innovationen bei Toyota ist die All Solid-State Battery (ASSB). Keiji Kaita, verantwortlich für ihre Entwicklung, spricht mit Überzeugung. „Wir arbeiten an der nächsten Generation von Batterien: niedriger, kompakter, mit höherer Energiedichte und einer bis zu viermal längeren Lebensdauer als die derzeitige Generation.“

Laut Kaita ist Toyota auf dem richtigen Weg. „Wir wollen die ersten Fahrzeuge mit Festkörperbatterien im Jahr 2027 oder 2028 auf den Markt bringen. Im Moment bereiten wir die Produktionsanlagen und Werkzeuge vor. Alles deutet darauf hin, dass wir diesen Zeitplan einhalten werden.“

Die Vorteile von ASSB gehen über die reine Reichweite hinaus. „Eine Festkörperbatterie benötigt weniger Platz, so dass auch bestehende Plattformen für diese Technologie geeignet sind. Wir entwickeln sowohl eine neue Plattform für ASSB als auch eine maßgeschneiderte Architektur für Flüssigbatterien, so dass beide nebeneinander bestehen können.“

Nachhaltigkeit steht bei jedem Schritt im Mittelpunkt. „Wir versuchen, den CO2-Fußabdruck unserer Batterien zu minimieren. Wenn eine Batterie viermal so lange hält, verringert sich die Umweltbelastung automatisch“, erklärt Kaita. „Die verwendeten Materialien sind weitgehend die gleichen wie bei herkömmlichen Batterien, aber unser Schwerpunkt liegt auf Qualität und Langlebigkeit. Je länger eine Batterie hält, desto geringer ist ihre Auswirkung auf die Umwelt.“

Kaita sieht auch Potenzial jenseits von Personenkraftwagen. „Bei Nutzfahrzeugen kann ASSB viel bewirken, zumal dort Zuverlässigkeit und Langlebigkeit entscheidend sind.“

Keiji Kaita - Präsident Carbon Neutral Engineering Development Center
Keiji Kaita – Präsident Carbon Neutral Engineering Development Center

Mitsumasa Yamagata – Präsident der Wasserstofffabrik

„Wasserstoff ist Honig für die Biene, nicht die Geschichte vom Huhn und vom Ei.“

Mitsumasa Yamagata, Präsident der Toyota Wasserstofffabrik, stellt sich eine Welt vor, in der Wasserstoff eine entscheidende Rolle in der Energieversorgung spielt. „Wasserstoff kann überall auf der Welt produziert werden. Das wird die Länder unabhängiger von Energieimporten machen und ihre Selbstversorgung verbessern.“

Toyota arbeitet an der Brennstoffzellentechnologie der dritten Generation (Fuel Cell System), die laut Yamagata doppelt so nachhaltig ist und 20 Prozent niedrigere Kraftstoffkosten liefert. „Das System ist kompakter, billiger im Unterhalt und besonders für den Schwerlastverkehr geeignet.“ Die größte Herausforderung liegt nicht in der Technologie, sondern in der Infrastruktur. „Wir müssen ein globales Ökosystem aufbauen, in dem Produktion, Vertrieb und Nutzung von Wasserstoff zusammenkommen. Die Regierungen spielen dabei eine unverzichtbare Rolle.“

Toyota testet jetzt wasserstoffbetriebene Motoren in Modellen wie dem HiAce in Australien. „Wir sehen dort vielversprechende Ergebnisse“, sagt Yamagata. „Es ist eine komplexe Technologie, weil die Verbrennung von Wasserstoff schwer zu kontrollieren ist, aber wir machen Fortschritte. Die ersten Feldtests sind positiv.“ Er vergleicht die Entwicklung von Wasserstoff nicht mit dem traditionellen Huhn-und-Ei-Dilemma, sondern mit etwas Netterem. „Wasserstoff und Infrastruktur sind wie Honig und Bienen“, sagt er und lächelt. „Sie ziehen sich gegenseitig an und verstärken sich gegenseitig. Sobald das Ökosystem wächst, beschleunigt sich die Akzeptanz auf natürliche Weise.“

Mitsumasa Yamagata - Präsident der Wasserstofffabrik
Mitsumasa Yamagata – Präsident der Wasserstofffabrik

Akihiro Sarada – Präsident Software Development Center

„Das Software Defined Vehicle ist unsere Waffe gegen Verkehrsunfälle.“

Während andere sich auf Energie und Antriebsstrang konzentrieren, beschäftigt sich Akihiro Sarada mit der digitalen Zukunft des Autos. Als Präsident des Software Development Centre von Toyota ist er für die Entwicklung des Software Defined Vehicle (SDV) verantwortlich. „Das ultimative Ziel von SDV ist einfach: keine Verkehrsopfer“, sagt Sarada. „Indem wir Fahrzeuge dazu bringen, miteinander, mit der Infrastruktur und mit den Behörden zu kommunizieren, können wir Unfälle verhindern, bevor sie passieren.“

Toyota testet bereits Systeme mit KI, Satellitenverbindungen und Verkehrsüberwachung in Japan. Die Technologie ermöglicht eine Echtzeit-Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Verkehrssystemen, um Unfälle zu vermeiden und den Verkehrsfluss zu verbessern. „Wenn die Autos die Position und die Absichten der anderen kennen, müssen sie nicht mehr auf Notfälle reagieren – sie verhindern sie“, sagte Sarada. Neben der Sicherheit spielt auch die Effizienz eine Rolle. „Intelligente Verkehrssteuerung bedeutet auch weniger Staus, weniger Kraftstoffverbrauch und weniger Stress. Das ist nicht nur gut für die Menschen, sondern auch für den Planeten.“

Akihiro Sarada - Präsident Software Development Center
Akihiro Sarada – Präsident Software Development Center

Lexus und Festkörperbatterien

Auf die Frage, ob Lexus als Premiummarke den Zuschlag für die Festkörperbatterie erhalten wird, musste Nakajima lächeln: „Wir verwenden ASSB in Modellen, die für diese Technologie geeignet sind. Ob das nun Lexus oder Toyota ist, überlassen wir Ihrer Fantasie. Wir haben noch nicht entschieden, welche Marke zuerst davon profitieren wird.“

Klar ist: Toyota entscheidet sich für eine Top-Down-Strategie, bei der die Technologie unabhängig von der Marke auf die Modelle übertragen wird, die am meisten davon profitieren. Es bleibt auch Raum für mehrere Batteriechemien. „NMC, LFP und ASSB werden bis auf Weiteres nebeneinander existieren“, berichtet Mr. Nakajima. „Jede Chemie hat ihre eigenen Vorteile, je nach Fahrzeugtyp und Markt.“

Zukunft nicht eindimensional

Was dieses Interview deutlich macht, ist, dass die Zukunft von Toyota nicht eindimensional ist. Von Wasserstoff über Software und Batterien bis hin zu Treibstoffmotoren beschreitet die Marke mehrere Wege auf einmal. Wie Nakajima es ausdrückt: „Unser Feind ist nicht die Technologie, sondern der Kohlenstoff“.

Festkörperbatterie: Starten Sie den Countdown! – AutoRAI TV

Toyota Media Briefing - Oktober 2025
Toyota Media Briefing – Oktober 2025